Verfasser: Tigo Stolzenberger
In der konstituierenden Sitzung des Stadtbezirksbeirates Dresden-Plauen vom 23.09.2024 traten die gewählten Mitglieder erstmals in dieser Runde zusammen. Die 19 Sitze wurden gemäß den Wahlergebnissen der Kommunalwahl wie folgt verteilt:
CDU: 4
AfD: 4
Grüne: 3
SPD: 2
Linke: 2
Team Zastrow: 1
Piraten: 1
FDP: 1
Freie Bürger: 1
Nach einem kurzen “Hallo!” des neuen Stadtbezirksamtsleiter für Plauen und Cotta, Lars Fiebig, durften alle auf die einmal von Herr Fiebig vorgetragene Vereidigungsformel mit den Worten “Ich gelobe es!” schwören und einen entsprechenden Wisch unterschreiben. 18 mal ein kräftiger Händedruck mit dem Wunsch nach guter Zusammenarbeit von Herrn Fiebig später stellte er sein Team und sich selbst vor, um anschließend eine Vorstellungsrunde der Stadtbezirksbeiräte einzuleiten.
Die CDU ist mit hoher Prominenz vertreten, denn Andreas Lämmel saß von 2005 bis 2021 im Deutschen Bundestag. Aus Reihen der AfD erklärten Mitglieder ihre Ambitionen für das Amt und den Stadtbezirk: Keine “No-Go-Areas wie in anderen Stadtteilen, wo du nachts nicht mehr raus kannst und du Angst haben musst, dass dir deine Tasche geklaut wird!” und eine “ordentliche Schulbildung, wo die Kinder nicht gendern lernen, sondern ob sie ein Junge oder ein Mädchen sind, damit sie später wertvolle Mitglieder für die Gesellschaft werden und eine normale Familie gründen können.” Auf die Umsetzung dieser (Wahn)vorstellungen auf Stadtbezirksebene bin ich gespannt. Herr Günther aus dem Team Zastrow stellt sich mit der lustig gemeinten aber gar nicht so lustigen Einleitung “Ich arbeite im größten Spieleparadies für Frauen und Männer – im Baumarkt” vor.
Einmal kurz angestoßen und ein Schlückchen Sekt (oder Saft) getrunken kommen wir nun auch in die inhaltliche Arbeit. Antrag: “Gestaltung Außengelände” für die Universitätsgemeinschaftsschule, die Schulleitung in Vertretung und das Amt für Schulen stellen den Antrag vor: Die Universitätsschule an der Cämmerswalderstraße 41 erprobt seit 2022/23 “innovative Formen des Lehrens und Lernens”, kurz: Gemeinschaftsschule für Kinder von der 1. bis zur 12. Klasse (aktuell nur bis Klassenstufe 9) + Forschungs- und Weiterbildungsschule der TU Dresden. Nachdem der Stadtbezirksbeirat im September 2022 bereits 12.500 € für Spielgeräte beschlossen hat, möchte die Schule weitere
Anschaffungen im Wert von 66.055 € installieren. Ein Crossfit-Modul mit Fallschutzbereich, eine Kommunikationsinsel mit Seitenabbretterung, Jugendbänke sowie die Aufrüstung des bestehenden Kletterturms sollen von klein bis groß Spiel, Spaß und sportliche Auslastung garantieren. Der Eigenbetrieb Kindertageseinrichtungen will mit 20.000 €, der Förderverein der Universitätsschule mit 25.000 € unterstützen und der
Stadtbezirksbeirat soll mit 21.055 € die Summe vervollständigen. Vorstellung beendet, es werden Fragen gestellt und diskutiert.
Frau Dr. Zies der AfD, wohlgemerkt längst aus dem spielfähigen Alter raus, fragt zunächst, warum das denn so teuer sei und weiß anscheinend besser, was die Kinder wollen. Ihre Vorstellung: Lieber ein Trampolin, Sandkasten oder Schwimmbecken. Die Antragsteller erklären, dass es sich bei den Geräten um Rubinienholz handelt, welches bekanntermaßen sehr stabil und dadurch etwas teurer ist (die Geräte sollen ja auch eine Weile halten!) und dass die Auswahl der Geräte die Wünsche der Schule sind. Diese sind nämlich auch für Jugendliche als Sportgeräte nutzbar und darüber hinaus nicht ortsgebunden. Man könne sie also auch wo anders hinstellen, wenn man das denn möchte. Eine sehr sinnvolle Antwort auf einen weniger sinnvollen Vorschlag. Mal abgesehen davon, dass Trampoline sehr wartungsintensiv sind und – wild guess – die Schule sich schon was bei der vorgeschlagenen Auswahl gedacht haben wird. Der Fokus wird nach diesem Einwurf auf die wichtigen Fragen gelenkt: Wie sieht es denn mit der Öffnung für die Allgemeinheit nach Unterrichts-/ Betreuungsschluss aus? Die Grünen merken an, dass man bereits seit 10 Jahren über die öffentliche Schulgeländenutzung der Dresdner Schulen spreche und das der Stadtbezirksbeirat mal gesagt habe, dass eine öffentliche Nutzung zumindest “wichtig” sei, wenn derartige Summen fließen sollen. Die Linke fragt nach, wer die Reparaturkosten trägt, da das ja schon relevant sei, wenn man über die Öffnung für die Allgemeinheit spricht. Antwort: Aktuell nur der Förderverein, da das Amt für Schulen das Budget schon aufgebraucht hat. Daher steht der Förderverein einer öffentlichen Nutzung, die möglicherweise zu mehr Reparaturkosten führe, vorsichtig gegenüber. Das Amt für Schulen ist aber willig, mit dem Förderverein darüber in Austausch zu treten und beteiligt sich grundsätzlich auch gerne an den Kosten. Aktuell ist auch noch ungeklärt, wer im Falle einer Öffnung morgens überprüfen würde, ob die Geräte noch nutzbar und ganz sind. Nach Lob über die Beteiligung des Fördervereins und weiteren mehr oder weniger zielführenden Nachfragen bringen die Grünen folgende Ergänzung als Änderungsantrag: “Mit der finanziellen Unterstützung verbindet der Stadtbezirksbeirat Plauen die Bitte einer Prüfung, ob die Universitätsschule sich dem Pilotprojekt zur Öffnung von Schulhöfen anschließen kann. Im Falle einer Ablehnung ist der Stadtbezirksbeirat zu informieren.” Bis auf Enthaltung der AfD stimmen alle diesem Antrag zu. Die geänderte Vorlage soll nun abgestimmt werden. Eigentlich sind derartige Finanzierungen nicht Aufgabe der Stadtbezirksbeiräte, aber in Anbetracht dessen, dass es ja doch den Kindern im Stadtteil zugute kommt, eine Öffnung des Schulhofes (irgendwann mal) nicht ausgeschlossen wurde und wir noch genügend Geld bis zum Ende des Jahres zur Verfügung haben, spricht nichts gegen eine Annahme. Der Antrag wird wird mit 15 Dafür-Stimmen und 3
Enthaltungen (AfD) angenommen.
Nächster Antrag: Wochenmärkte rekommunalisieren. Hierbei handelt es sich um einen Antrag der Grünen-Fraktion im Stadtrat, der im Zuge der Beratungsfolge auch in den betreffenden Stadtbezirksbeiräten landet. Thorsten Schulze, berühmt-berüchtigter Erklärbär der Grünen, stellt den Antrag vor: Aktuell ist die Marktgilde, ein Unternehmen aus Hessen, für die Durchführung der Dresdner Wochenmärkte verantwortlich. Die Stadt bekommt eine Konzessionsgebühr, gibt damit aber die Organisation und Umsätze der Dresdner Wochenmärkte in die Hände der Marktgilde. Obwohl sich Wochenmärkte großer Beliebtheit in der Bevölkerung erfreuen, ist das Durchschnittsalter der Kundschaft gestiegen und der Umsatz teilweise um 10 % gesunken. Dieser Entwicklung soll die Stadt nun entgegenwirken, indem sie die Durchführung der Wochenmärkte perspektivisch wieder selbst in die Hand nimmt und zu attraktiven und generationsübergreifend lebendigen Orten im Stadtgebiet entwickelt, z.B. durch Schaffung von Sitz- & Verweilmöglichkeiten, Bepflanzung mit Bäumen und Sträuchern oder Installation von Radbügeln und Ladestationen für E-Bikes. Im konkreten fordert der Antrag, dass die bevorstehende Konzessionsausschreibung auf zwei Jahre befristet wird, bis zum Ablauf des Konzessionszeitraums ein neues Konzept zu erarbeiten ist und personelle Kapazitäten für die Betreuung der Rekommunalisierung geschaffen werden. Die CDU beginnt die Frage-/ Diskussionsrunde mit den Worten “Also, wir haben das mal in unseren Parteigremien diskutiert…” und arbeitet sich über “zu viel Aufwand, zu viel Personalkosten, wir sehen das Problem nicht” entlang “Hier geht’s doch garnicht darum, die Wochenmärkte attraktiver zu machen, sondern der Marktgilde den Gewinn wegzunehmen!” hin zu “das bleibt alles so wie es hier ist”. Das marktwirtschaftliche Bla Bla der AfD und FDP lässt sich wie folgt zusammenfassen: “Die Staatsquote ist eh viel zu hoch in Deutschland, Rekommunalisierung kostet Geld und bringt Umsatzverlust, sowas wie Wochenmärkte sollte der freien Marktwirtschaft und nur der freien Marktwirtschaft überlassen werden!” Nach weiteren Erklärversuchen des Antragstellers, Fürsprache von Grünen und Linken und einem “Du hast keine Wirtschaftskompetenz! – Ne, du hast keine Wirtschaftskompetenz!” zwischen CDU + FDP und Stadtrat Schulze wird abgestimmt. Mit 8 Stimmen dafür von R2GO (rot-rot-grün-orange) und 10 Stimmen dagegen (liberal- marktwirtschaftliche Einheitsfront Team Zastrow, Freie Bürger, FDP, CDU & AfD) findet der Antrag keine Mehrheit. Hier haben sich die neuen Mehrheitsverhältnisse erstmals gezeigt: Für Anträge aus der Ecke R2GO benötigt es zwingend zwei Unterstützer:innen aus dem liberal-konservativen Lager (ausgenommen AfD, mit Rechtsextremen redet man nicht.). Das wird knifflig.
Zum Abschluss gab der Stadtbezirksamtsleiter noch eine Einführung in die Finanzen des Stadtbezirksrats: Von ca. 512.000 € verfügbar bis Ende 2024 sind 276.000 € bereits ausgegeben, die SG-Gittersee möchte noch 120.000 € für eine Platzsanierung haben, so bleiben ca. 116.000 € übrig. Sollten die Mittel nicht ausgeschöpft werden, so gehen sie wahrscheinlich wieder in den städtischen Haushalt oder werden an Fachämter gebunden, da eine weitere Mittelübertragung ins neue Jahr unwahrscheinlich ist.