Am 30.09.2025 um 18:00 Uhr traf sich turnusmäßig wieder der SBR Pieschen, diesmal an einem ungewohntem Ort, im Gymnasium Dresden-Pieschen.
Am Anfang stand ein formaler Akt: für den verstorbenen Otmar Winkler musste als Nachfolgerin Heidi Geiler (B90/Grüne) für den SBR nachverpflichtet werden.
Dann ging es bereits zur Sache: die Untersuchungen der Stadt zum Zollhof wurden von Herrn Wittstock (Landeshauptstadt Dresden, kurz LH Dresden) vorgestellt. Dass am aktuellen Zollhof an der Stauffenbergallee unhaltbare Zustände herrschen und schnellstmöglich ein Ersatz her muss, darüber ist man sich einig. Die Stadt hat insgesamt 13 Standorte untersucht, 4 kamen in die engere Wahl, darunter 3 am Flughafen und einer in Kaditz neben Fliesen Profi. Hier sollen 60 Lkw-Parkplätze geschaffen werden, nach Zählung würden derzeit maximal 41 benötigt, so dass genug Puffer vorhanden ist. Die Zufahrt soll über die Washingtonstraße oder die sogenannte kleine Washingtonstraße erfolgen, der P+R-Platz wird erhalten bleiben. Ausführlich wurde auf Anregung des Stadtrates auch noch als alternativer Standort die Scharfenberger Str. (westlich des Autohofs) geprüft. Die Sachsen-Energie braucht die Fläche nicht vollständig für ihr geplantes Flusswasserwerk. Allerdings gibt es dort noch feste Mietverträge bis 2044 und jedenfalls bis 2028 liegt das Grundstück im Überschwemmungsgebiet. Dazu kommt, dass dort nur 34 Lkw-Parkplätze geschaffen werden könnten, so dass es bei dem Favoriten Washingtonstraße bleibt. Dr. Poppe (AfD) polemisierte heftig gegen diesen Standort, wobei unklar bleibt, warum eigentlich. Der SBR musste die Vorstellung lediglich zur Kenntnis nehmen.
Weiter ging es mit dem Highlight des Tages: dem Sachsenbad, vorgestellt von Herrn Kallensee und Frau Zimmermann (beide LH Dresden).
Weil nach Untersuchung der alten Bausubstanz der Investor nicht alle Räume wie geplant nutzen könne, müsse ein Anbau her. Dafür wird das Grundstück gebraucht, das im Moment von einem Blockheizkraftwerk der Sachsenenergie genutzt wird. Die Sachsenenergie wiederum braucht das Blockheizkraftwerk nicht mehr, so will die Stadt dieses Grundstück an den Investor verkaufen. Beratend muss der SBR dazu gehört werden, die Entscheidung trifft der Stadtrat am 11.12.2025. Auf dem neu erworbenen Grundstück sollen dann neben den geplanten 12 Mio Euro für den Altbau weitere 15 Mio Euro investiert werden. Entstehen sollen Büros, auch die Nutzung durch eine (freie) Schule sei denkbar. Im besten Fall soll die Neueröffnung 2029 erfolgen, zum 100jährigen Jubiläum des Sachsenbad.
Das sorgte für hitzige Diskussionen. Geplant ist nämlich, dahinter auf dem jetzigen Faustball- und Tennisgelände das „Neue Sachsenbad“ zu errichten – wenn mal wieder Geld da ist. Ob der Erweiterungsbau des Investors das dann noch zulässt, wird zwar behauptet, ist aber keinesfalls sicher.
Nach Prüfung der uns vorliegenden Unterlagen habe ich erhebliche Zweifel an dem Vorhaben. So fragte ich zunächst nach dem geplanten Kaufpreis. Wenn das 1.885 m² große Grundstück bis März 2026 verkauft wird, soll der Kaufpreis 605.000 Euro betragen – rund 320 Euro/m². Allerdings weist der Themenstadtplan einen Bodenrichtwert von 860 Euro/m² aus, was zu einem Kaufpreis von 1,6 Mio Euro führen würde. Der herablassende Verweis darauf, dass Bodenrichtwert nicht Verkehrswert sei und der Preis ordnungsgemäß ermittelt worden sei, beantwortete die Frage nicht wirklich. Der Bodenrichtwert gem. § 196 BauGB wird aus einer Kaufpreissammlung aus dem betroffenen Gebiet durch den Gutachterausschuss erstellt, die extrem hohe Differenz erschließt sich nicht.
Weiter fragte ich nach den angeblich entfallenden Flächen im alten Sachsenbad. In der Präsentation wurden uns hier Grundrisse gezeigt, bei denen die angeblich wegen statischer Probleme und hoher Schadstoffbelastung nicht nutzbaren Flächen mit einem X gekennzeichnet waren. Fragwürdig ist nur, dass in den uns ebenfalls vorgelegten aktuellen Bauplänen diese Räume als nutzbare Räume (Umkleide Damen/Herren, Lager- und Technikräume) aufgeführt sind. Eine sinnvolle Erklärung für diese Differenz gab es nicht.
Schließlich ging es mir noch um den „Investor“. Vorgestellt wurde uns immer die „Montis-Gruppe“ und auf deren Referenzobjekte verwiesen. Tatsächlich handelt es sich aber (was prinzipell nicht unüblich ist) um eine reine Projektgesellschaft in Form einer GmbH & Co. KG ohne Konzernbindung und mit geringer Kapitalausstattung. Die von der Stadt angegebene Adresse dieser Firma stimmt nicht mit der im Handelsregister eingetragenen Adresse überein und führt direkt zu einem Einfamilienhaus in Südbayern. Herr Kallensee meinte hierzu, dass die Stadt nicht prüfe, ob der Investor für das Projekt eine ausreichende Bonität habe.
Die Fragen von Frau Jansen (B90/Grüne) richteten sich ebenfalls auf die wirtschaftliche Seite: der Investor soll laut Stadt das Sachsenbad mindestens 10 Jahre betreiben. Allerdings deuten die aktuell vorhandenen Zahlen und selbst gutwillige Annahmen eher darauf hin, dass das Projekt sich nicht rechnet, zumal der Investor ohne Fördermittel auskommen will. Auch hier wieder die Aussage: die Stadt interessiert sich nicht dafür, ob sich das Projekt rechnet. Dass man dann gegebenenfalls mit einer Investruine dasteht, ist der Stadt offensichtlich egal.
Weitere Highlight-Aussagen der Stadt:
Der OB sei froh, dass es für das Sachsenbad wenigstens einen Interessenten gegeben habe, der es ernst meint, daher werde die Stadt dem Investor die maximal mögliche Unterstützung gewähren. Vorbereitungen der Stadt für einen möglichen Rücktritt des Investors vom Kaufvertrag gibt es nicht.
Eine interfraktionelle Gruppe aus dem SBR hatte sich im Vorfeld der Entscheidung mehrfach getroffen und einen Ersetzungs- und einen Ergänzungsantrag vorbereitet. Der Ersetzungsantrag von Linken/PARTEI/Piraten/SPD zielte darauf ab, dem Verkauf des Grundstückes nicht zuzustimmen. Er scheiterte allerdings an der Mehrheit des SBRs. Bei dieser Abstimmung hatte ich mich – obwohl ich den Antrag mit eingebracht hatte – enthalten, da bei einer sicher im Stadtrat überstimmten Ablehnung des Verkaufs wir keine Möglichkeiten gehabt hätten, auf die Bedingungen des Verkaufs Einfluss zu nehmen. Darum ging es nämlich im Ergänzungsantrag von B90Grüne/Linke/PARTEI/Piraten/SPD. Gefordert wurde im Wesentlichen, die dauerhafte Nutzung der Sportstätten zu ermöglichen und dem Investor Auflagen zu machen, die die spätere Errichtung eines Neuen Sachsenbades ermöglichen (Wege- und Leitungsrechte, Abständsflächen, Immissionen etc.).
Bei punktweiser Abstimmung fanden alle diese von uns formulierten Bedingungen im SBR eine Mehrheit.
Mit diesen Änderungen wurde schließlich die Vorlage der Stadt zum Verkauf der Teilfläche angenommen.
Schließlich wurde ich noch mehrheitlich vom SBR in die Gremien der Stadt entsandt, um dort die Meinung des SBR Pieschen nochmals beratend geltend zu machen.
Nach dieser langen und anstrengenden Diskussion ging es mit einfacheren Themen weiter. Der SBR hatte die Stadt beauftragt, die Realisierung einer öffentlichen Toilette im Trafohäuschen am Konkordienplatz zu prüfen. Herr Demnitz (LH Dresden) stellte uns das Prüfergebnis vor. Der SBR hatte für das Projekt 68.000 Euro eingeplant. Jetzt stellte sich heraus, dass das Projekt doppelt soviel kosten wird, allein die Erschließung verschlingt 76.000 Euro. Der Stadtbezirk wird auf dieser Grundlage eine Vorlage zur Abstimmung durch den SBR erstellen.
Zwischen all diesen großen und teuren Themen wurde eine Projektförderung behandelt. Walburga Walde beantragte 815,00 Euro für ein Konzert mit traditioneller sorbischer Musik im Zentralwerk, die ihr einstimmig gewährt wurden.
Weiter ging es wieder mit Grundstücken. Die Sachsenenergie will auf dem Gelände des Hundesportplatzes in Übigau bis 2030 ein Flusswasserwerk errichten, dazu wird der Hundesportplatz nach Gohlis verlagert. Der hier beratende SBR stimmte diesem Vorhaben mehrheitlich zu.
Der nächste Punkt war wieder eine Projektförderung: der Kleingartenverein Erdkugel möchte eine Terrassenüberdachung errichten und beantragte eine Förderung von 1.800 Euro, die ihm einstimmig zugesprochen wurde.
Der Komponist Herr Sondermann beantragte weiterhin eine Förderung von 4.700 Euro für sein Projekt „It’s (About) Time“, eine 6-stündige Konzertinstallation internationaler Volksmusik im Rahmen der Musiktheaterwoche „Music is a frame“ im Zentralwerk. Der SBR stimmte diesem Antrag mehrheitlich zu.
Anschließend ging es um den sogenannten „Kleinen Platz“ in Pieschen – den Bereich zwischen Apotheke und Straßenbahnhaltestelle am Elbcenter. Auf Anregung des SBRs (Herrn Dr. Kempe, CDU) hatte sich die Stadt (Frau Donner) mit den Möglichkeiten einer Reparatur und Aufwertung beschäftigt. Bei prognostizierten Kosten von 65.000 Euro soll jetzt – so der SBR einstimmig – zunächst ein Landschaftsplaner für rund 3.500 Euro mit einer konkreten Planung beauftragt werden.
Im Bereich Kaditz an der Kötzschenbroder Straße möchte ein Investor ein Wohnhaus errichten. Dafür ist ein vorhabenbezogener Bebauungsplan und die Aufhebung alter Bebauungspläne nötig. Der SBR stimmte dem einstimmig zu.
Als letzter großer Punkt stellte Herr Podschun (Kulturamt LH Dresden) das Nutzungs- und Betreibungskonzept für das Gebäude des alten Leipziger Bahnhofs vor. Entstehen sollen hier ein Begegnungsort sowie Gedenkorte für die Deportation von Juden aus Dresden in der Nazizeit und für die Verkehrsgeschichte. Für die Weiterentwicklung des Konzeptes will die Stadt 90.000 Euro (2025) bzw. 100.000 Euro (2026) bereitstellen.
Da man allerdings nur betreiben kann, was man auch besitzt, sei der OB „im Gespräch“ mit Globus als Grundstückseigentümer über den Erwerb dieser Teilfläche. Weder wurde der Stand dieser Gespräche noch ein Konzept für die vielen anderen Nutzer des Gesamtareals Alter Leipziger Bahnhof (z.B. Wagenplatz, Hanse3, Ständige Vertretung) mitgeteilt. Der SBR stimmte dem Konzept mehrheitlich zu, wobei die ablehnenden Stimmen zu einem Gedenkort für jüdisches Leid aus der bekannten Ecke kamen.
Zum Abschluss gab es noch die Informationen des Stadtbezirksamtsleiters. Bezüglich dem Park Thäterstraße in Übigau (siehe letzte Sitzung) wird der Stadtbezirk einen Vorschlag an den SBR erstellen. Wegen der Haushaltssperre für 2026 und der damit wahrscheinlich deutlich reduzierten finanziellen Mittel des Stadtbezirks wird sich Herr Grundmann Anfang Dezember mit allen im SBR vertretenen Parteien zusammensetzen und beraten. Bis jetzt hat er selbst noch keine ausreichenden Informationen.
Zum Abschluss wurde ein Antrag der CDU (Herr Dr. Kempe) zur Prüfung einer Baumpflanzung an der Döbelner Str./Ecke Trachauer Heideweg einstimmig angenommen.
Gegen 22:40 endete diese lange und anstrengende Sitzung.