Die Campuslinie kommt (diesmal wirklich), Rad voran(g) und „Alles muss raus (Geld)“ – Bericht vom SBR-Plauen, 4.11.2025

Namensschild mit dem Namen Tigo Stolzenberger darauf auf einem Tisch. Davor grpße Briefumschläge.

Am 4.11. tagte der Stadtbezirksbeirat Plauen mit einer bemerkenswerten Sitzungsdauer von 17:30 Uhr bis 21:50 Uhr. Das soll sich so aber wohl gelohnt haben, wie der kommende Bericht zeigen wird.

Den Auftakt macht die Stabsstelle für Klimaschutz und Klimawandelanpassung der LHDD mit einer Entwurfsvorstellung zur kommunalen Wärmeplanung. Über 90 % der Wärmeversorgung der Dresdner Haushalte erfolgt über Erdgas. Das ist schlecht, weil Klima unso und der Anteil von Erdgas muss bis 2045 auf 0 %. Grundlage dafür ist das Wärmeplanungsgesetz und irgendein Ratsbeschluss, als dieser noch nicht von einer völlig verwirrten Mehrheit dominiert wurde. Diesen Bericht jetzt im Detail wiederzugeben übersteigt meine Kompetenzen und wäre daher auch inhaltlich nicht 100 % korrekt. Wer sich näher dafür interessiert, kann sich unter folgendem Link die Präsentation durchlesen (https://ratsinfo.dresden.de/si0056.asp?__ksinr=14908). Ende Juni 2026 soll der Plan so verabschiedet werden und muss dabei durch den Stadtrat. Auf der einen Seite gibt es eine gesetzliche Vorlage, die Emissionen durch Erdgas auf 0 zu bringen, andererseits ist die aktuelle Mehrheit im Stadtrat aber wie bereits erwähnt völlig vernebelt, interessiert sich wenig für Normen und rechtliche Bedingungen und könnte diesen Plan so ablehnen. Zur Orientierung für die Bevölkerung arbeitet die Stadt gerade an einem Energielotsen. Hier ist auf einer Karte einsehbar, wie Dresden wo mit welcher Energie versorgt wird und mit dem Energieatlas können Verbraucher:innen checken, wie z.B. Wärme optimal und über welche Quelle bei ihnen genutzt werden kann. Eine berechtigte Frage aus dem Rat erkundigte sich danach, was nach 2045 mit dem Gasnetz passiert. Dieses wird keineswegs abgerissen oder mit Material aufgefüllt, sondern bleibt bestehen und kann später z.B. als Wasserstoffleitung genutzt werden. Das nenn ich mal Technologieoffenheit. Ich bin mir sicher, bei einigen Kollegen sind hier die Hosen ein kleines bisschen nass geworden.

Und nun zu einem etwas mehr greifbaren Konzept: Campuslinie. Studierende kennen sich bestens damit aus, in welchem Beladungszustand die Buslinie 61 über den Campus gurkt – und das ist eine Vollkatastrophe. Entlastung soll hier die neu entworfene Campuslinie schaffen, die 1,35 Millionen neue Fahrgäste von Löbtau über die Nossener Brücke, Nürnberger Straße, den Zelleschen Weg bis zur Tiergartenstraße am S-Bahnhof Strehlen kutschieren will. Da die Nossener Brücke mindestens in einem genauso miserablen Zustand wie die Auslastung der 61 ist, wird hier ein zentraler Schwerpunkt der Bauarbeiten liegen. Im Juni 2026 beginnt die Hauptbaumaßnahme auf dem Abschnitt Nossener Brücke und Nürnberger Straße bis Nürnberger Ei. Hier wird immer gleichzeitig eine Fahrseite bebaut, d.h. es wird bis auf wenige, kurzweilige Vollsperrungen immer unter Verkehr gebaut. Frühestens ab 2029 beginnt dann der Streckenneubau zwischen Nürnberger Ei und Wasaplatz auf dem Zelleschen Weg. Im Mai 2030 soll dann planmäßig schon die Straßenbahn in Betrieb genommen und Mai 2031 die Hauptbaumaßnahme beendet werden. Ca. 324 Millionen Euro soll die Baumaßnahme kosten. Die Landeshauptstadt trägt etwa die Hälfte davon, wovon bereits ein Förderantrag über 85 Millionen eingereicht wurde. Die andere Hälfte wird von Sachsenenergie, DB und Co. getragen, da diese auch ein Business an der neuen Nossener Brücke haben. Wie es aussieht, wenn das Geld spontan alle ist oder irgendwas dazwischen kommt, steht in den Sternen. Es wurde von einem strikten Zeitplan gesprochen und diesen einzuhalten. Da bin ich aber mal gespannt! Im folgenden Video wird die Baumaßnahme nochmal ausführlicher erklärt und eine Vorstellung der künftigen Nürnberger Straße und Nossener Brücke gezeigt. Eine inhaltliche Einschätzung der Pläne meinerseits ist in einem separaten Beitrag geplant.

Nicht nur mit der Bahn soll es zukünftig mobiler zugehen, sondern auch mit dem Rad! Die Hohe Straße zwischen Wielandstraße und dem Plauenschen Ring wird zur Radroute Süd. Wir kriegen eine Fahrradstraße! Grundlage für die Maßnahme ist das Radverkehrskonzept, eine Petition zum sicheren Radfahren von Coschütz in die Innenstadt und eine Online-Umfrage, die die Chemnitzer Straße als schlimmste Radverkehrsverbindung im Stadtbezirk kürt.

So wird die neue Radroute Süd als Fahrradstraße verlaufen.

Nun zu den Hard Facts: Baukosten sind 1,4 Millionen €, wovon 85 % förderfähig wären. Das Parken wird nur noch einseitig möglich sein, 260 Parkstände fallen weg. Eine Diagonalsperre und abschnittsweilige Einbahnstraßen sollen verhindern, dass die Fahrradstraße zum Durchgangsverkehr des MIV missbraucht wird. Und nun kommt die große Überraschung: Für dieses Vorhaben ist KEINE Beschlusslage geplant – das heißt, es wird so umgesetzt und kaum jemand kann dazwischenfunken. Ich freue mich auf das Ergebnis! Während ich noch verarbeite, dass die SPDlerin während der Präsentation zur Fr. Zies (AfD) rübergegangen ist, ihr ein Hustenbonbon (ohne erkennbaren Grund) gegeben und dabei lieb am Arm gestreichelt hat (wtf?), leitet unser Amtsleiter sichtlich unneutral dem Anliegen gegenüber zum nächsten Punkt über.

Denn das Parken ist aktuell auch so ein Ding im Stadtteil. Anwohner:innen stehen im Konflikt mit besonders Studierenden und Beschäftigten der TUD, denn die würden wohl lieber kostenfrei im öffentlichen Raum anstatt auf dem Gelände der TUD parken. Dadurch entsteht ein hoher Parkdruck, die Anwohner:innen finden kaum Parkplätze und der damit verbundene Parksuchverkehr stört alle. Die Stadt will dieses Problem lösen, indem das Parkraumkonzept im Umfeld neu organisiert wird. Eine maßgebliche Rolle spielt hierbei das sogenannte Bewohnerparken. Bewohnerparken bezeichnet Zonen oder Abschnitte, in denen entweder nur Bewohner:innen mit entsprechendem Parkausweis parken dürfen (Bewohnerparkstände) oder zusätzlich auch externe, die dann aber übliche Parkgebühren zahlen müssen (Parkgebühren, Bewohner frei). Ein Bewohnerparkausweis kostet aktuell 75 € im Jahr oder 20 ct am Tag. Im Bericht wurde vereinfacht das nochmal vorgetragen, was das Amt für Stadtplanung und Mobilität bereits bei der „Bürgerbeteiligung“ am 24. September an der TUD präsentiert hat. Zum detaillierten Konzept habe ich einen eigenen Bericht verfasst: https://www.piraten-dresden.de/bericht-buergerbeteiligung-zum-parkraumkonzept-uni-campus-tu-dresden-24-09-2025/

Die jetzt folgenden Tagesordnungspunkte beschäftigen sich mit Finanzierungsvorhaben, die der SBR ermöglichen soll. Der Umfang ist ziemlich hoch, da die verfügbaren SBR-Mittel am Ende des Jahres verfallen, wenn sie nicht verwendet wurden. Daher stehen nun einige und auch sehr teure Vorhaben auf der Tagesordnung. Die Eröffnung macht eine Gießkannenpfandstation für die Obstwiese im Südpark. Mit einer vorhandenen Zisterne haben Gießpat:innen bereits die Möglichkeit, sich an der Pflege zu beteiligen und selbstständig zu gießen. Hr. Günther (TeamZastrow) hat dafür bereits aus seinem Baumarktsortiment einige Gießkannen gespendet, die aber nicht frei verfügbar vor Ort genutzt werden können. Das Gießkannenpfandsystem soll nun engagierten Besucher:innen die Möglichkeit geben, auch spontan vor Ort z.B. mit Familie oder Kindern zu gießen. Ursprünglich kommt diese Installation aus der Friedhofsausstattung und umfasst angekettete oder anderweitig angeschlossene Gießkannen, die man durch einen Pfand (meist 2 € Stücke) befreien kann. In der Theorie ein schönes Konzept, allerdings für den Südpark keine gute Lösung. Nach der Präsentation stelle ich Fragen und äußere meine Bedenken: Der erste und ausschlaggebenste Punkt ist der Kostenfaktor. Im Antrag wird von 5.000 € für Anschaffung & Installation gesprochen. Ich habe im Vorfeld selbst etwas recherchiert und es ist mir völlig rätselhaft, wie diese Summe zustande kommt – insb. da auch kein Angebot präsentiert wurde. Alle Angebote, die ich eingesehen habe, pendeln sich zwischen 500 und 950 € ein. Selbst wenn ich hierzu noch Lieferung, Installation inkl. Personalkosten und Anfahrt hinzunehme, addieren sich mir keine 5.000 €. Auf meine Nachfrage antwortet das Amt, dass es sich hierbei nur um eine Schätzung handelt, die wohl doch sehr großräumig angesetzt ist. Eine wirkliche Begründung zur Zusammensetzung hab ich nicht bekommen. Der Südpark hat aktuell stark mit Vandalismus zu kämpfen und ich bin mir sicher, dass die Gießkannen dort keine zwei Wochen hängen. Gießkannengärtner Sven hat parallel mit Baumarktgünther besprochen, wie viel eine Gießkanne im Markt kostet und bekundet, dass sich ein pfiffiger Ökonom lieber eine Gießkanne für 2 € bei der Pfandstation mopsen als im Baumarkt erwerben würde. Nach einem recht langen Austausch beantrage ich, den Antrag zu vertagen. Der Stadtbezirksbeirat gibt dem so statt und ich werde mich nochmal mit dem Amt auseinandersetzen, ob wir vielleicht eine bessere Lösung finden – die nicht überteuert, nicht übereilt ist und bessere Chancen auf Langlebigkeit hat.

Wer aufmerksam durch den Bezirk läuft, erkennt immer mal wieder Informationsstelen, die auf die Geschichte eines Orts hinweisen. Viele davon hat der SBR in letzter Zeit finanziert und der Trend soll sich weiter fortsetzen. Der nächste Antrag bittet um 10.500 € für eine (Singular) Informationsstele an der Aussichtsplattform „Liepsch’s Ruh“ im Südpark am Westendring. Die Stele soll wie alle anderen auf die Geschichte des Orts aufmerksam machen, nur gibt es hier einen kleinen Haken – ich vermisse eine Geschichte, auf die man aufmerksam machen könnte. Zumindest habe ich bei meiner Vorfeldrecherche keine herausragende Historie gefunden und auch auf Nachfrage könnte man mir diese nicht benennen. Ein Bewohner (Singular) habe sich wohl eine Informationstafel gewünscht, daher beraten wir nun über den Antrag. Anders als beim Vorgänger sind 10.500 € diesmal wohl eine realistische Schätzung – was ich dennoch extrem teuer finde. Besonders unter Berücksichtigung, dass dieser Wunsch von einer einzigen Person artikuliert wurde und wir mit dieser Stele wahrscheinlich nur eine neue Freifläche für „dort-nicht-so-ganz-vorgesehene-Kunst“ finanzieren, da das Amt kein Budget für regelmäßige Reinigung hat und der Südpark wie erwähnt ein beliebter Ort für Vandalismus und die Ausübung künstlerischer aber nicht wirklich durch den Gesetzgeber tolerierter Freiheit ist. Das Abstimmungsverhalten war „fraktions“-intern und -übergreifend so wirr, dass ich das nicht dokumentieren konnte. Der Antrag findet mit einer Stimme keine Mehrheit.

Mit Informationsstelen im Südpark soll es jetzt auch weitergehen, allerdings ein paar mehr + Wegweiser für 40.000 €. An den Eingängen soll jeweils eine Eingangstafel mit Karte des Parks installiert werden. Im Park selbst sollen einige Wegweiser die Richtung zu den Orten Waldspielplatz, Streuobstwiese sowie Lok und Loren ausschildern. Der Stadtbezirksbeirat diskutiert darüber, inwiefern sich das in die BUGA eingliedern wird, ob Wegweiser nötig sind, wie mit Vandalismus umzugehen ist, bla bla und so weiter. Trotz der hohen Summe wird der Antrag überwiegend angenommen.

Die letzten beiden Anträge befassen sich mit der finanziellen Unterstützung für den Adventsmarkt „Altplauener Lichterglanz“ am 30.11.25 von 14 – 19 Uhr im Kirchhof der Auferstehungskirchgemeinde Plauen und den Kauf + Einbau eines Plattenliftes für die Begegnungsstätte der Volkssolidarität am Nürnberger Ei. Hier ist der Treppenlift kaputt und so kein barrierefreier Eingang ins Gebäude möglich. Die Diskussion hier wird durch einen Antrag auf sofortige Abstimmung abgebügelt und die Finanzierung beschlossen. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass einige Kolleg:innen doch ein paar relevante Fragen gehabt hätten. Nun ja, so ist das manchmal im Business. Beim Weihnachtsmarkt gab es ein paar Fragen zur Kostenaufstellung und zum Umgang mit potentiellen Gewinnen, die (wie sich ebenfalls erst danach rausstellte) unzureichend beantwortet worden sind. Ich habe dem Antraggsteller den Impuls gegeben, mal bitte über das „Eselreiten“ als Attraktion für künftige Feste nachzudenken, da das für mich völlig unnötig und nicht zeitgemäß ist. Auch dieser Antrag findet eine Mehrheit.

Gegen 21:45 Uhr wird die Sitzung geschlossen und ich muss sagen, das war für mich bisher die informationsreichste und diskussionsfreudigste Sitzung!

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