Abweisung trotz Videobeweis – Dresdner Piraten schalten die Landesdirektion ein

Auf dem Bild sieht man Stadträte beim abstimmen.

Am 23.04.2020 wurde im Stadtrat über den Ergänzungsantrag des Piraten-Stadtrats Dr. Martin Schulte-Wissermann zur Verbesserung der Situation für die Außengastronomie in Coronazeiten behandelt. Nach der Abstimmung verkündete Oberbürgermeister Dirk Hilbert folgendes Ergebnis: 18 Stimmen dafür, 25 Stimmen dagegen, 12 Enthaltungen. Aufgrund dieser Aussage galt der Antrag als abgelehnt.
Einen Tag später, am 24.04.2020, erreichte die Piraten die Information, dass dem OB hier offenbar ein Fehler unterlaufen war. Auf der Video-Aufzeichnung der Sitzung ist klar zu erkennen, dass 25 Stadträt·innen für den Antrag stimmten. Schulte-Wissermann verfasste daraufhin noch am selben Tag eine Email an den Oberbürgermeister und bat ihn um Klärung des Sachverhalts. Der MDR SACHSEN berichtete taggleich: “Stadtsprecher Kai Schulz sagte […], man werde die Abstimmung noch einmal überprüfen. Wenn es eine Mehrheit gegeben habe, dann werde der Piratenantrag im Nachhinein als angenommen gewertet.”

Für Hilbert antwortete am 27.04.2020 der Abteilungsleiter des Bürgermeisteramts, Ralf Tostmann. Dieser schrieb, er arbeite an der Aufklärung. Allerdings sehe er “[m]angels des Antrages zur Wiederholung der Zählung, der ja für solche Fälle gedacht ist, […] für die getroffene Entscheidung keine Möglichkeit der Heilung.”
Schulte-Wissermann stellte daraufhin am 29.04.2020 ebensolchen Wiederholungsantrag und bat OB Hilbert einen (fast) wortgleichen Antrag am 14.05 im Stadtrat einzubringen (inklusive Formulierungsvorschlag als Anhang). Jedoch wurde am 08.05. der Antrag als verfristet zurückgewiesen, die Bitte an den Oberbürgermeister blieb unbeantwortet.
Infolge dessen wandte sich Schulte-Wissermann am 11.05.2020 an die Kommunalaufsicht der Landesdirektion Sachsen, mit der Bitte um Beurteilung und ggf. rechtliche Bewertung besagter Abstimmung gemäß § 114 I 1 SächsGemO.

Schulte-Wissermann hofft nun auf eine baldige Klärung: “Die Abstimmung fand zur Wahrung der Abstände anders als sonst in der Messe Dresden statt, die Mitglieder des Stadtrats saßen demnach weiter auseinander. Da die Abstimmung bei dieser Sitzung auch nicht wie bisher mit farbigen Abstimmungskarten erfolgte, konnte ich das Ergebnis nicht durch bloßes Zusehen abschätzen und den Fehler erkennen. Dass auch der Oberbürgermeister dies nicht konnte, kann ich deshalb nachvollziehen. Allerdings dürfen menschliche Fehler demokratischen Prozessen nicht im Weg stehen.”

Weiterhin hat Schulte-Wissermann einen Eilantrag formuliert, der quasi textgleich zu einer erneuten Abstimmung im Stadtrat am 14.05 führen könnte. Um solch einen Eilantrag zu stellen benötigt man eine “geänderte Sachlage” als Begründung und insgesamt 15 den Antrag unterstützende Stadträte. Schulte-Wissermann hierzu: “Die Sachlage ist definitv eine geänderte – das sieht man deutlich in dem Video. Ich hoffe nun sehr auf die Solidarität meiner Kolleginnen und Kollegen, die demokratische Abstimmungstradition nicht unter die Räder des Zufalls kommen zu lassen. Es kommt nicht darauf an, dass der Antrag unbedingt eine Mehrheit bekommt – es kommt darauf an, dass ein faires und echtes Ergebnis im Stadtrat festgestellt wird. Hoffentlich bekommen wir das am Donnerstag.”

Update: Wir haben einen Eilantrag formuliert, welcher den Tagesordnungspunkt erneut in den Stadtrat bringen soll. Wir begründen dies damit, dass durch den Videobeweis eine neue Sachlage entstanden ist: Man konnte erst nach der Sitzung erkennen, dass die Abstimmung vollkommen falsch ausgezählt worden war. In logischer Konsequenz muss der Antrag erneut abgestimmt werden.
Der Eilantrag wird bislang von den Fraktionen der Grünen und der LINKEN unterstützt. Es liegt nun in der Hand des Oberbürgermeisters, ob er ihn am 14.05 im Stadtrat zulassen wird.

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