Papier kannste knicken. Menschlichkeit nicht.

Ein Korb voller gelber Papierboote.

Am 9. Juni finden nicht nur die Kommunalwahlen sondern auch die Wahl zum Europäischen Parlament statt. Ein zentrales Thema, welches die Menschen dabei beschäftigt, ist die zukünftige Asylpolitik. In diesem Zusammenhang haben wir am 22. Mai über die Missstände in der europäischen Asylpolitik sowie über die vom Stadtrat zurückgenommene Bekenntnis zum Sicheren Hafen mit einer kleinen Kunst-Aktion am Albertplatz informiert und aufgeklärt.

Sicher erinnern sich einige von euch noch an unsere Aktion zum feministischen Kampftag am 8. März, als wir Papierblumen mit unangenehmen Wahrheit zur Geschlechter(un)gerechtigkeit verteilten. Dieses Konzept haben wir wieder aufgenommen und Papier-Boote mit Informationen zum Sterben im Mittelmeer und der unmenschlichen Asylpolitik in Europa verteilt.

3 Personen, Stephanie, Manuel und Anne, mit Körben und gelben Papierbooten darin am Albertplatz.

Hier findet ihr alle 12 Fakten, die wir verteilt haben:

Massengrab Mittelmeer
In den vergangenen 10 Jahren sind rund 29.537 Geflüchtete im Mittelmeer ertrunken. Die Dunkelziffer liegt vermutlich noch höher.

Kindersterben im Mittelmeer
Laut UNICEF sterben jede Woche 11 Kinder bei dem Versuch, das Mittelmeer Richtung Europa zu überqueren. Die Dunkelziffer liegt vermutlich noch höher.

Aus den Augen, aus dem Sinn
Nachdem das Flüchtlingslager Moria auf Lesbos im September 2020 abbrannte, wurde es neu errichtet. Das neue Camp liegt weitab heimischer Siedlungen und wird von drei Zaunreihen und Stacheldraht umgeben. Presse, Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen werden dort nur sehr restriktiv zugelassen. Für die Bewohner:innen gilt eine Ausgangssperre.

Mit Staatsgewalt gegen die Humanität
Durch den Brand des Flüchtlingslagers Moria wurden rund 16.000 Menschen obdachlos, darunter etwa. 4.000 Kinder. Als die griechischen Anwohner:innen helfen wollten und gegen die unmenschlichen Zustände protestierten, setzte die örtliche Polizei mitunter Tränengas ein.

Eingepfercht wie Vieh
Das Geflüchtetenlager Moria auf Lesbos war für maximal 2.800 Personen ausgelegt. Als es im September 2020 abbrannte, lebten dort über 13.000 Menschen. Zwischenzeitlich waren es sogar 20.000.

“Halt sie uns ja vom Leib!”
Im März 2016 schloss die EU einen Deal mit dem türkischen Autokraten Recep Tayyip Erdoğan: Die Türkei nimmt Geflüchtete auf, welche in Griechenland angekommen waren, bzw. sie stoppen, noch bevor sie die EU erreichen. Im Gegenzug zahlt die EU mehrere Milliarden für Flüchtlingsprojekte (Camps, Schulen, Krankenhäuser, etc.) in der Türkei. Oftmals kommen die Gelder aber nicht dort an, weshalb Geflüchtete unter menschenunwürdigen Zuständen leben müssen.

Gewalt gegen die, die Schutz suchen
2023 registrierte das Bundesinnenministerium 2.378 politisch motivierte Straftaten gegen Migrant:innen. Dazu kommen im gleichen Zeitraum 180 Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte.

Pushback in die Folterkammer
Um die Fluchtrouten vom Transitland Lybien zu unterbinden, arbeitet die EU u.a. mit der lybischen Küstenwache zusammen und versorgt diese mit Schiffen und Ausrüstung. 2023 fing sie rund 21.000 Flüchtende ab und sperrte sie in Internierungslager. Ehemalige Gefangene, unabhängige Medien und Menschenrechtsorganisationen prangern schon länger die dort stattfindenden Misshandlungen, Vergewaltigungen und Folterungen als Verstöße gegen Menschenrechte an.

Wichtigeres zu tun?
Die heutige Außenministerin Annalena Baerbock sagte 2018: “Man kann keine Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache machen, einem Regime, einem Terrorregime, in deren Lagern gefoltert, vergewaltigt wird, wo Menschen daraus fliehen.” Recherchen des ARD-Magazins Monitor aus dem Jahr 2022 ergaben, dass es trotz Festlegungen im Koalitionsvertrag keine Bemühungen gibt, etwas zu verändern.

Illegale Push-Backs und Pull-Backs
Zahlreiche europäische Staaten betreiben illegale Push-Backs. Die Grenzagentur FRONTEX ist dabei immer wieder in Aktionen verwickelt, in denen Geflüchtete gewaltsam wieder hinter die Grenzen der EU verschleppt oder gedrängt werden. Gleichzeitig sorgt die europäische Unterstützung der lybischen Küstenwache dafür, dass Geflüchtete zurückgeschleppt werden und in libyschen Foltergefängnissen landen.

GEAS-Reform
Die kürzlich auf EU-Ebene – u.a. mit Nancy Faesers Zustimmung – beschlossene “GEAS”-Reform ist eine faktische Beschneidung des Rechts auf Asyl, der Freiheit von Geflüchteten und der körperlichen Unversehrtheit. In haftähnlichen Lagern außerhalb der europäischen Außengrenzen werden monatelang auch Kinder festgehalten werden. Auch in Deutschland selbst ist eine haftähnliche Unterbringung während Asylverfahren sehr wahrscheinlich.

Dresden als Sicherer Hafen?
Am 03. März 2022 bekannte sich Dresden als Sicherer Hafen. Dresden bekannte sich dazu, mehr Geflüchtete aufzunehmen als rechtlich mindestens vorgeschrieben. Auch finanzielle Hilfen für Vereine waren daran gekoppelt. Am 23. März 2024 schaffte der Stadtrat mit einer rechten Mehrheit den Status als Sicheren Hafen als erste deutsche Stadt wieder ab.

Grafik mit 12 gelben Papierboten in einem Kreis auf blauen Grund mit Wellenstruktur. In dem Kreis ist zu lesen: Papier kannste knicken. Menschlichkeit nicht.

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